Professor Dr.-Ing. Dr. rer. pol. h.c. Dr.-Ing. E.h. Carl Pirath

Direktor des VWI von 1929 bis 1945 und 1950 bis 1955

Werdegang

Carl Pirath wurde am 10. Mai 1884 in Hellental in der Eifel geboren. Er studierte Bauingenieurwesen an der TH Hannover, wurde von den Preußischen Staatsbahnen übernommen und schließlich 1923 zum Vorstand des bedeutenden Eisenbahnbetriebsamts Hannover bestellt.

Die Technische Hochschule Stuttgart berief Carl Pirath 1926 als Ordinarius für Eisenbahn- und Verkehrswesen. Als junger Ordinarius griff er zu einer Zeit, als auf dem Verkehrsgebiet nur die Eisenbahn und die Wasserstraßen im Blickfeld waren, das Gesamtproblem der Verkehrswirtschaft auf. Er sah, dass die Dynamik im Verkehrswesen, hervorgerufen durch die Motorisierung des Straßenverkehrs, die Entwicklung des Luftverkehrs und die Anlage von Leitungen aller Art neue Verkehrsformen verlangte. Pirath behandelte aber nicht in der bis dahin üblichen Weise einen Verkehrsträger nach dem anderen für sich allein; er ging das Kernproblem an und entwickelte eine vergleichende Betrachtung aller Verkehrsmittel.

Im Jahre 1934 erschien sein Buch „Grundlagen der Verkehrswirtschaft“, das zu den klassischen Werken der Verkehrswissenschaft zählt. Seinen Ruf als Verkehrswirtschaftler, und zwar weltweit, verdankt er aber nicht zuletzt auch seinen grundlegenden Forschungen auf dem Gebiet des Luftverkehrs im Rahmen des VWI. Die Ergebnisse der im Institut für Luftfahrt angestellten Untersuchungen sind in 14 Forschungsheften niedergelegt. Sie fanden weltweite Verbreitung in englischen, französischen, italienischen, griechischen und japanischen Übersetzungen.

Liest man die Titel der Forschungshefte und blättert ein wenig in ihnen, so erkennt man rasch, dass in diesem Institut für Luftfahrt Außerordentliches geleistet worden war. So wurden in den Jahren 1929 und 1930, zu einer Zeit also, als noch lange keine Transozeanlinien beflogen wurden, die voraussichtliche Stärke der Verkehrsströme im Weltluftverkehr ermittelt und Vorschläge für die Gestaltung des Weltluftverkehrsnetzes nach betriebstechnischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgearbeitet. Zahlreiche Arbeiten galten den Flughäfen, ihrer Ausgestaltung, Raumlage und wirtschaftlicher Betriebsführung. Laufend wurden auch die Probleme der Zusammenarbeit zwischen dem Luftverkehr und den übrigen Verkehrsmitteln behandelt.

Nach dem Krieg hat Pirath den Forschungsbereich des Instituts auf den Verkehr insgesamt ausgedehnt. So sprach Pirath auch in seiner letzten Sitzung des Kuratoriums 1954 zum Thema „Das Grundproblem des öffentlichen Personennahverkehrs in europäischen Großstädten und seine Lösungsmöglichkeiten“. Er zeigte damit schon frühzeitig ein Problem auf, das Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bis zum heutigen Tage intensiv beschäftigen sollte und auch weiterhin beschäftigen wird und wies damit die Richtung für zahlreiche Forschungsprojekte seiner Nachfolger.

Pirath starb am 23. Januar 1955 an den Folgen eines Verkehrsunfalls, nachdem er ein Jahr zuvor seinen 70. Geburtstag und das 25-jährige Bestehen seines VWI feiern konnte.

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