RUBIK - Anschlusssicherung und Fahrgastinformation für den regionalen Busverkehr

Sie stehen an einem düsteren Wintertag morgens pünktlich an Ihrer Haltestelle und fragen sich:
"Wo bleibt mein Bus?"

Sie waren abends in der Stadt und wollen nach Hause. Sie sitzen bereits im Bus, müssen aber bis zu ihrem Ziel nochmal umsteigen und fragen sich:
"Erreiche ich noch den Anschluss?"

Diese Fragen stellen sich jeden Tag tausende ÖPNV-Fahrgäste. In einer Großstadt bekommen sie heute schon die Antwort darauf – auf dem "flachen Land" ist solcher Service aber noch selten.


Ausgangssituation

Der ÖPNV in Baden-Württemberg wird von den Bürgerinnen und Bürgern rege genutzt, insbesondere in den Ballungsräumen konnte durch die Investitionen der letzten Jahrzehnte in den schienengebundenen ÖPNV die Zahl der Fahrgäste deutlich gesteigert werden. Im ländlichen Raum hingegen bildet – bedingt durch die geringere Bevölkerungsdichte – der Busverkehr das Rückgrat des ÖPNV. Dort konnte in den letzten Jahren durch moderne Fahrzeuge und neue Fahrplankonzepte der ÖPNV attraktiver gestaltet werden, dennoch bleibt der ländliche Busverkehr bei etlichen Komfortmerkmalen hinter dem städtischen Nahverkehr zurück.

Durch die zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung bei Klima- und Umweltschutz und die tendenziell knapper werdenden Energieressourcen ist es wichtig, dass auch der ländliche Busverkehr weiter an Attraktivität gewinnt, um im Wettbewerb mit dem Pkw mithalten zu können. Bei der Steigerung der Attraktivität spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Neben den tariflichen Konditionen sind insbesondere die Reisezeit der Fahrgäste sowie die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des ÖPNV von Interesse. Dazu kommt ein stetig steigendes Interesse an aktuellen Informationen über den ÖPNV, welches sich in der stark ansteigenden Nutzung von Fahrplanauskunftsdiensten im Internet und über mobile Endgeräte zeigt.

Sobald ein Fahrgast in seiner Reisekette mindestens einmal umsteigt, kommt in diesem Zusammenhang der Anschlusssicherung eine entscheidende Rolle zu. Darunter versteht man, dass Fahrgäste, die auf ihrer Reise mehrere ÖPNV-Angebote nutzen, die Gewissheit haben, dass das nächste Verkehrsmittel auf sie wartet und nicht kurz vor ihrem Eintreffen an der Umsteigehaltestelle abfährt – denn ein verpasster Anschluss begründet sich meist darin, dass sich ein Verkehrsmittel verspätet und das nächste darüber nicht informiert ist und somit auch nicht auf den verspäteten Zubringer wartet.

Grundsätzlich ist eine möglichst weitreichende Anschlusssicherung im gesamten ÖPNV sinnvoll, eine besonders wichtige Bedeutung erhält sie aber im ländlichen Raum. Dort sind die Takte weniger dicht als bei den städtischen Verkehren, so dass sich aus einem verpassten Anschluss häufig eine zusätzliche Wartezeit von einer halben Stunde, nicht selten sogar von einer ganzen Stunde oder mehr ergibt. Daher ist die Anschlusssicherung im ländlichen ÖPNV viel wichtiger als in den Ballungsräumen, wo sich nach einem verpassten Anschluss meist nach deutlich kürzerer Zeit die nächste Fahrtgelegenheit ergibt.


Aufgabenstellung

Um allen Fahrgästen eine anschlussgesicherte Reisekette und Fahrgastinformationen anbieten zu können, sind technische Lösungen notwendig. Diese existieren bereits seit vielen Jahren in Form rechnergestützter Betriebsleitsysteme, wie sie bei den ÖPNV-Unternehmen in den großen Ballungsräumen im Einsatz sind. Neben den innerbetrieblichen Funktionen ermöglichen solche Betriebsleitsysteme auch Dienste für die Fahrgäste, dabei ist neben der Anschlusssicherung auch insbesondere eine dynamische Fahrgastinformation (DFI) zu nennen. Um solche Dienste realisieren zu können, arbeiten die Betriebsleitsysteme mit Echtzeitdaten, d. h. mit den tatsächlichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten an den Haltestellen, die sich aufgrund von Störungen (z. B. Staus, Baustellen oder technischen Problemen) von den planmäßigen Ankunfts- und Abfahrtszeiten laut Fahrplan unterscheiden können.

Allerdings sind die am Markt erhältlichen Betriebsleitsysteme für sehr große Verkehrsunternehmen konzipiert. Sie sind damit primär für große Fahrzeugflotten in einem dichten, städtischen Netz ausgelegt und integrieren z. B. auch Stadtbahn- oder U-Bahn-Verkehre. Für kleine und mittelständische Verkehrsunternehmen, vor allem im ländlichen Raum, sind diese bestehenden Betriebsleitsysteme in der Regel überdimensioniert, in der Anschaffung und im Betrieb zu teuer und zu personalintensiv. Um auch mittelständischen Verkehrsunternehmen eine Lösung anzubieten, ist ein schlankes Informationssystem mit der Konzentration auf die Anforderungen im regionalen Busverkehr notwendig. Dieses System muss in der Lage sein

  • die aktuelle Betriebslage (liegen Verspätungen oder Verfrühungen vor) zu ermitteln,

  • mit möglichst wenigen Eingriffen des Fahrers zu haltende Anschlüsse unter den betroffenen Bussen auszutauschen,

  • dem Fahrgast über DFI-Medien oder Internetseiten eine Information über den Betriebszustand in Echtzeit anzuzeigen

und dabei gleichzeitig kostengünstig und einfach realisierbar sein.

Das VWI hat sich dieser Aufgabe angenommen und dafür das System RUBIK entwickelt, das diesem Anforderungsprofil genügt. RUBIK setzt dabei auf intelligente Endgeräte in den Bussen und an den Haltestellen statt auf eine aufwändige Dispositionszentrale und regelt den Informationsaustausch zwischen den Systemkomponenten eine Basisstation, die lediglich eine koordinierende Funktion ausübt.


Lösung

Bei RUBIK werden alle wichtigen Aufgaben (z. B. Ermittlung der Echtzeitdaten) direkt im Fahrzeug erledigt. Dazu können u. a. am Markt erhältliche mobile Industrie-PCs eingesetzt werden. Bei den mit RUBIK ausgestatteten Busbetrieben in Neuenstadt am Kocher und Albstadt kommen Geräte mit einem 7“-Vollfarb-Touchscreen und integrierten Modulen für Ortung und Kommunikation zum Einsatz. Mit ihrer kompakten Größe und dank der robusten Ausführung eignen sich diese Geräte optimal für den Einsatz in Bussen und kleineren Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung. Statt eine eigene Hardware zu nutzen, kann RUBIK auch als zusätzliche Software auf anderen – ggf. bereits vorhandenen – Bordgeräten (z. B. Fahrscheindrucker) installiert werden, falls diese die Systemanforderungen erfüllen.

Die in großstädtischen Betriebsleitsystemen erforderliche personalbesetzte zentrale Leitstelle wurde durch einen Kommunikationsserver ersetzt, der lediglich als Vermittlungsstelle für den Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen, Fahrgastinformation und den weiteren Anbietern bzw. Abnehmern von Daten dient. Die Bordrechner in den Fahrzeugen tauschen wichtige Informationen von Bus zu Bus direkt miteinander aus und bedürfen keiner regelnden Zentralinstanz.

Die direkte Kommunikation ermöglicht eine komfortable Anschlusssicherung für die Fahrgäste. Der Busfahrer kann den Bordrechner per Knopfdruck veranlassen, andere Busse über umsteigewillige Fahrgäste zu informieren. Kommt es zu Verspätungen, über die ebenfalls informiert wird, kann der Fahrer des Abbringer-Busses entscheiden, ob er Umsteigepunkt auf den verspäteten Bus wartet oder nicht. Diese Entscheidung wird ebenfalls per Knopfdruck zurückgemeldet, so dass der Fahrer des verspäteten Busses seine Fahrgäste zuverlässig darüber informieren kann, ob sie ihre Anschüsse noch bekommen.

Darüber hinaus bietet das System die Möglichkeit, über eine gemeinsame Schnittstelle beliebige Fahrgastinformationsmedien zu bedienen. Dies können sowohl stationäre Anzeiger an Haltestellen sein als auch übergeordnete Auskunftssysteme. So gelangen die Echtzeitdaten mittels einer Schnittstelle zur Zentralen Datendrehscheibe Baden-Württemberg (ZDD BW) der Landesnahverkehrsgesellschaft NVBW auch an die Fahrplanauskunft EFA-BW, die übers Internet oder per Smartphone-App von jedem Fahrgast genutzt werden kann.

RUBIK bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Anbieter von ÖPNV-Betriebsleistungen ohne eine gemeinsame Datenhaltung in das System zu integrieren. Alle innerbetrieblichen Daten (z. B. Fahrzeugeinsatz-, Umlauf- und Personaleinsatzplanung) müssen nicht an Dritte oder an eine Zentralinstanz weiter gegeben werden und verbleiben beim jeweiligen Unternehmen. Innerhalb des Systems werden nur Fahrplandaten und gegenseitige Korrespondenz- bzw. Anschlusspunkte ausgetauscht.


Zusammenfassung

Der große Vorteil von RUBIK liegt darin, dass ein kostengünstiges System aus marktüblichen Standardkomponenten zum Einsatz kommt, welches auch von kleinen und mittelständischen Verkehrsunternehmen eingesetzt werden kann. Dadurch wird der regionale Busverkehr deutlich attraktiver und benutzerfreundlicher, denn zukünftig erhalten auch Fahrgäste im ländlichen Raum Informationen und Komfortdienstleistungen des ÖPNV, die bisher nur Einwohnern der Ballungsräume vorbehalten waren.

 

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